Gerichtstermin gegen die polizeiliche Videoüberwachung in Köln

Donnerstag, 28.11.2024: Verwaltungsgericht Köln (VG Köln), Appellhofplatz
9:00 Uhr: Kundgebung mit Presse vor dem Gericht
10:00 Uhr: Beginn der öffentlichen Verhandlung in Saal 101

Donnerstag, 21.11.2024: SSK-Café, Salierring 37, Köln
19:00 Uhr: kameras-stoppen fasst den Inhalt der Klageverfahren für Interessierte zusammen als Vorbereitung auf den Verhandlungstermin am 28.11.

2018 hat unsere Initiative kameras-stoppen ihre Arbeit aufgenommen, um die seit 2016 eingeführte polizeiliche Videoüberwachung im öffentlichen Raum wieder rückgängig zu machen. Dazu haben wir im Juli 2018 Klage beim VG Köln eingereicht. Diese wendet sich gegen die Videoüberwachung in den Bereichen Hbf/Dom und auf den Ringen, sowie auch gegen die Einführung auf den vier Plätzen Breslauer Platz, Ebertplatz, Neumarkt und Wiener Platz, die 2019/2020 umgesetzt wurde.

Dieses Jahr haben wir eine weitere Klage für den Bereich Kalk-Humboldt-Gremberg eingereicht, der seit 2022 ebenfalls mit Kameras überwacht wird. Zwischendurch wurde zudem eine Klage eingereicht, die sich gegen die Überwachung einer antirassistischen Demo gegen das N-Wort am Neumarkt richtet. So werden nun endlich, mehr als 6 Jahre nach Klageeinreichung, insgesamt 8 Klagen an einem Tag beim VG verhandelt. Es ist also ein langer Tag zu erwarten.

Ziel ist die Abschaltung und der Rückbau aller polizeilichen Videokameras im öffentlichen Raum in Köln. Sollte diese Maximalforderung nicht zu erreichen sein, versuchen wir mit den Klagen, die Datenerhebung, -speicherung und -verarbeitung soweit es geht einzudämmen. Einige Erfolge haben wir diesbezüglich schon über die Eilverfahren mit Entscheidungen in den Jahren 2020, 2021 und 2022 erzielt. Das betrifft vor allem die Überwachung von Versammlungen und privaten Räumlichkeiten durch Fenster und Hauseingänge hindurch.

Es ist davon auszugehen, dass die Urteile der ersten Instanz dazu führen werden, dass eine der Streitparteien (Land NRW oder wir) in die Berufung geht und die Sache dann vor das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster kommt. Bei der Videoüberwachung handelt es sich um eines der am stärksten vorangetriebenen Maßnahmen des konservativen Innenministers Reul (CDU), um den Überwachungsstaat auszubauen und maximale Kontrolle über den öffentlichen Raum zu gewinnen. Um dieses Instrument in der Hand zu behalten, hat die Landesregierung NRW eine renommierte Anwält*innenkanzlei beauftragt, alle juristischen Gegenmaßnahmen möglichst weitreichend abzuwehren.

Im Vordergrund steht in der Praxis nicht die immer wieder geäußerte Abwehr von Gefahren für die Menschen, z.B. Opfer von Gewalt zu werden. Es geht hier um eine Form der Vorratsdatenspeicherung, die in Zusammenhang mit zukünftiger KI-Technologie ganz neue Möglichkeiten der Überwachung, Sanktionierung, Strafverfolgung und damit auch der Disziplinierung bietet. Dazu sollen wir bereits seit Jahren an die Kameras gewöhnt werden und sie als normalen Umstand der städtischen Öffentlichkeit hinzunehmen lernen.

Die staatlichen Kameras sind eine Gefahr für eine sich frei entfalten könnende Gesellschaft und nicht nur für das Individuum. Wenn der Staat beobachtet, mit wem ich mich treffe und was ich mache, wenn abweichendes Verhalten direkt staatliches Eingreifen zur Folge haben kann, sind wir auf dem Weg in ein gleichgeschaltetes und genormtes Gemeinwesen, das es zu verhindern gilt.

Auch wenn die Polizei heute angibt, noch keine KI einzusetzen und noch nicht live alle Menschen im Kamerabild durchzuscannen und mit Datenbanken abzugleichen, so sind die Kameras doch schon die technische Voraussetzung dazu. Die Erfahrung zeigt, dass der Staat früher oder später auf alle technischen Möglichkeiten zugreift, die er hat. So ist es mit den LKW-Maut-Erfassungssystemen, so ist es mit der Verwendung auch illegal angefertigter Bildaufnahmen in Strafverfahren und so ist es mit dem Einsatz von Gesichtserkennungssoftware passiert. Großer Lauschangriff, Staatstrojaner, Handyortung und Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsbereich sind weitere Beispiele. Die Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist ein Baustein eines allumfassenden Überwachungsstaates, auf den wir zusteuern. Hier muss dringend eine Überwachungsgesamtrechnung vorgenommen werden und dürfen die Maßnahmen nicht immer nur einzeln betrachtet werden.

Neben Protesten ist der juristische Weg gegen die Überwachung eine mögliche Vorgehensweise. Wir berufen uns hier auf die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG), Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und die Achtung des Privatlebens (Art. 7 Grundrechtecharta der EU). Deshalb steht uns auch der Weg bis zu den Verfassungsgerichten, dem EuGH und dem EGMR offen, sollten wir nicht schon vorher Erfolg haben.

Wir rufen alle Interessierten und Mitstreiter*innen dazu auf, am 28.11. um 9 Uhr zu unserer kurzen Kundgebung vor der Verhandlung zum Verwaltungsgericht zu kommen. Danach kann sich auch gerne die Verhandlung selbst angesehen werden, die ab 10 Uhr in Saal 101 öffentlich stattfindet. Die Entscheidung liegt in erster Instanz (VG Köln) bei der 20. Kammer, bestehend aus drei Berufsrichter*innen und zwei Schöff*innen.